Das Privileg einer offenen Gesellschaft

 

Liebe Freundinnen und Freunde,

Das Privileg, in einer offenen Gesellschaft zu leben, erfüllt mich mit Dankbarkeit. Das Recht, so sein zu dürfen, wie man ist, denken und sagen zu dürfen, was man will, ist etwas, das wir alle bewahren müssen. Ich kenne aus eigener Erfahrung keine Einengung, Einschüchterung und Repressionen. Durchaus ist mir als Deutscher die Geschichte meiner Heimat sehr bewusst. Menschen, die Anderes erlebt haben, machten mir durch ihre Beschreibungen deutlich, wie schnell für mich scheinbar unverrückbare Werte bedroht sein können.

Mein Name ist Thomas Kowarik, Jahrgang 1983. Ich lebe und arbeite in Neustrelitz in Mecklenburg. Mein Arbeitgeber ist der Kunsthaus Neustrelitz e.V., der sich der Förderung von Kunst und Kultur verschrieben hat, indem er sich als Plattform versteht für Menschen, die sich kreativ-künstlerisch verwirklichen wollen.

Ein Schwerpunkt unserer Arbeit liegt in der kulturellen und politischen Bildung mit Mitteln der Kunst und der Medien. In letzterem Bereich arbeiten wir seit Jahren mit vielen Partnern, wie dem Bildungsteam der AWO Vielfalt zusammen. Die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Rechtspopulismus bleibt dabei immer wieder ein gemeinsames Arbeitsfeld. Sei es die aktive Stärkung des Demokratieverständnisses durch Partizipationsprojekte oder der Einsatz für eine offene Gesellschaft, in der Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit stets die Basis sozialen und politischen Handelns für jeden sein müssen.

Dazu zählt die Teilnahme an unserem gemeinsamen Aktionsbündnis Vielfalt statt Einfalt, ein Netzwerk diverser zivilge sellschaftlicher Akteure, das sich mit Mahnwachen, Demonstrationen und vor allem Alternativangeboten an die Neustrelitzer Bevölkerung wendet, wenn Demokratiefeinde zu Kinderfesten oder Abendspaziergängen einladen.

Das Privileg, in einer offenen Gesellschaft zu leben, erfüllt mich mit Dankbarkeit.

In den letzten Monaten sind vermehrt Menschen aus anderen Ländern nach Mecklenburg-Vorpommern gekommen. Viele von ihnen sind Gefl üchtete, die ihre Heimat zurückgelassen haben, um Krieg und politischer Verfolgung zu entgehen. Die in unserer Stadt angekommenen Asylsuchenden wurden willkommen geheißen durch ein breites Spektrum von Hilfs-, aber auch einfach nur Teilhabeangeboten der verschiedenen Träger, Institutionen und Einzelpersonen. Die bereits bestehenden Netzwerke und Kooperationen erleichterten den Umgang mit den Herausforderungen. Das Begegnungscafé des Kunsthauses wurde zum Beispiel eineinhalb Jahre lang aktiv unterstützt und begleitet vom AWO Fanprojekt Neustrelitz.

Thomas Kowarik, Dozent am Kunsthaus Neustrelitz e.V.Thomas Kowarik, Dozent am Kunsthaus Neustrelitz e.V.

Angesichts des vermehrten Auftretens von Demokratiefeinden landesweit wünsche ich mir, dass auch die Vertreter einer offenen Gesellschaft zusammenstehen, wie es in unserer Stadt bereits der Fall ist.

Mit besten Grüßen

Thomas Kowarik