Die Frauenhäuser könnten besser aufgestellt sein

 
Lillien Köhler, Leiterin des Frauenschutzhauses Ribnitz-DamgartenLillien Köhler, Leiterin des Frauenschutzhauses Ribnitz-Damgarten

Das Frauenschutzhaus in Ribnitz-Damgarten verfügt über fünf Wohnräume mit 12 Plätzen. Für die Kinder gibt es ein Zimmer zum Spielen. Die Wohnküche, die Sanitärräume und der Clubraum werden gemeinschaftlich genutzt. Dennoch ist es eine enge Situation, sagt die Leiterin des Frauenhauses Lillien Köhler. Wenn sie wirklich mal jemand abweisen muss, dann „ist das hart, weil es oftmals auch harte Fälle sind.“ Zum Glück betreibt der Kreisverband in Stralsund noch eine größere Einrichtung, sodass es eine gute Ausweichmöglichkeit gibt.

In MV gibt es ein gutes Netzwerk unter dem Dach der Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenhäuser und Beratungsstellen, deren Vorsitzende Lillien Köhler ist. „Damit kommen wir ganz gut weiter und mit der AWO haben wir einen großen Träger, auf den man immer auch zurückgreifen kann.“

Dennoch könnten die Frauenhäuser besser aufgestellt sein. Die Gelder sind quasi seit 2005 eingefroren und der Komplex Foto: AWO Landesverband der häuslichen Gewalt sei viel größer geworden, sagt Lillien Köhler. „Wir haben heute nicht nur Frauen, die häusliche Gewalt erleben, sondern viele haben sogenannte komplexe Multi-Problemfelder.“ Dazu gehören u.a.: Verschuldung, Sucht, psychische Erkrankungen, Bildungsferne, Fluchthintergründe bis hin zur Internetabhängigkeit. Da heißt es, parallel zu sortieren: Was ist der Bedarf? Was muss geklärt werden? „Früher hat es oftmals gereicht, den Frauen eine neue Perspektive zu erschließen und eine neue Wohnung zu finden, das reicht heute nicht mehr.“

Verlässt man einen gewalttätigen Partner, könne man nicht einfach ins Hotel gehen, weil das Geld fehle, sagt Lillien Köhler. Vieles ist durch die Sozialgesetzgebung abgesichert. Aber Gewalttäter bleiben nicht so einfach weg. So muss man den Frauen helfen, ein neues Leben aufzubauen. Das heißt oft: Neuer Job, neue Freunde, für die Kinder eine neue Kita oder Schule „und das, obwohl für die Opfer Kontinuität doch so wichtig wäre.“ Da ist das extreme Beispiel einer jungen Frau, die wegen der Gefährdung durch ihren Ex-Partner ein neues Leben in einer anderen Stadt aufbauen musste oder das einer älteren Dame, die nach 40 Jahren Ehe endlich einen gewaltfreien Lebensabend genießen kann.

„Das was wir haben, ist besser als nichts“, betont Lillien Köhler. Die Entwicklungen in den vergangenen Jahren zeigen aber auch: Die Lage wird sich nicht entspannen. Im Gegenteil, die Zahl der Hilfebedürftigen steigt. Darunter auch Frauen mit Migrationshintergrund. Es mangelt bundesweit aber nicht nur an Plätzen, auch die unterschiedliche Finanzierung ist ein Problem. Im vergangenen Jahr wurde die Istanbul-Konvention verabschiedet. Dieses Abkommen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist jetzt geltendes Recht. „Niemand fühlt sich so richtig verantwortlich“, sagt Lillien Köhler. Die Forderungen mit den Gegebenheiten in Einklang zu bringen, sei nicht einfach. „Die Politik in Bund, Ländern und Kommunen schiebt die Verantwortung hin und her. Es könnte viel besser laufen.“