kann, in Statistiken als „arm“ mitgezählt. Und im Grunde sprechen wir bei einem relativen Verständnis von Armut, das auf das Verhältnis zu einem gesellschaftlichen Standard oder einem Normalzustand („Durchschnitt“) zielt, von Ungleichheiten vor allem in der Einkommensverteilung. Neben Armut sollte daher eigentlich immer auch „Reichtum“ in den Blick genommen werden, denn dessen Ausmaß und Verteilung hängt eng mit dem Ausmaß an Einkommensarmut zusammen.

Armut kann mit sozialer
Isolation einhergehen

Aber reicht es, Armut nur über Geld – oder über den Mangel an Geld – zu definieren? Studierende, aber beispielsweise auch Auszubildende haben ja oftmals wenig Geld – zumindest im Studium oder während der Ausbildung. Sind sie deshalb „arm“? Oder ist das nur eine vorübergehende Einkommensknappheit, der nach dem Abschluss ein höheres und geregeltes Einkommen folgen wird oder wenigstens soll – und die deshalb subjektiv nicht als Armut empfunden wird? Andererseits fehlen „armen“ Menschen meist nicht nur finanzielle Mittel, sondern auch der Zugang zu sicheren und ordentlich bezahlten Arbeitsplätzen gestaltet sich als schwierig, wie etwa bei Alleinerziehenden, die deshalb in besonderem Maße von Armutsrisiken betroffen sind. Deutliche Unterschiede im Zugang zu Infrastruktur und in der Versorgung mit Gütern und Diensten des täglichen Bedarfs gibt es auch zwischen Stadt und Land – gerade in einem Flächenland wie M-V, in dem die Besiedlung in manche Gegenden immer dünner wird und die Landes- und Kommunalpolitik darauf oftmals mit „Rückbau“ von Versorgungseinrichtungen reagiert. Damit

gewinnen in den letzten Jahren auch Fragen der Ausstattung mit neuen Kommunikationsmedien, vor allem aber nach der Einbindung in soziale Netzwerke aus Familie und Verwandtschaft, aus Freunde und Bekannten eine größere Bedeutung: Armut kann ja mit sozialer Isolation einhergehen, wobei Betroffene sich nicht nur einsam fühlen können, sondern sie auch keinen Zugang mehr zu Informationen bekommen, die ihnen vielleicht helfen können, ihre Situation zu verbessern. Und schließlich gehen mit Armut nicht nur Versorgungsmängel, sondern häufig auch gesundheitliche Risiken und Probleme einher – wobei vor allem bei Suchtproblemen nicht immer klar zu entscheiden ist, was hier Ursache und was Wirkung ist.

Studie soll Armut ein Gesicht geben

Die von der AWO in Auftrag gegebene Studie wird nun einerseits die Betroffenheit von Armutsrisiken in räumlicher Hinsicht deutlich kleinteiliger erfassen als dies in den üblichen, flächendeckenden Statistiken geschieht. Damit können nicht nur Stadt-Land-Unterschiede genauer beschrieben werden, sondern möglicherweise auch Problemgebiete und -regionen frühzeitig identifiziert werden. Andererseits werden in intensiven Interviews die Lebensgeschichten und Lebenssituationen ausgewählter Gruppen wie z.B. alleinerziehende Mütter, Langzeitarbeitslose, ältere, pflegebedürftige Menschen, Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen sowie mit psychischen Erkrankungen, AsylbewerberInnen, Flüchtlinge und MigrantInnen erfasst. Ziel ist es dabei, auf die Unterschiedlichkeit von Lebenslagen und Schicksalen hinzuweisen und damit der Armut in M-V ein Gesicht – oder besser: „Gesichter“ – zu geben.


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Es fehlen „armen“
Menschen meist nicht
nur finanzielle Mittel,
sondern auch der
Zugang zu sicheren und
ordentlich bezahlten
Arbeitsplätzen gestaltet
sich als schwierig.

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