v. l.: Rudolf Borchert, AWO Landesvorsitzender; Prof. Dr. Stefan Selke, Hochschule Furtwangen; Dr. Serge Embacher, Politikwissenschaftler und Autor; Stefan Horn, NDR; Prof. Dr. Peter A. Berger, Universität Rostock

werden“, so der AWO Lande­svor­sitzen­de Rudolf Borchert. Das Thema Armut könne durch eine Foto­aus­stellung ins Bewusst­sein ge­tra­gen wer­den, Wir­kung zei­gen und po­li­ti­sches Han­deln her­vor­rufen.

Welchen Stellen­wert die sub­jektiven Er­fahrun­gen in der öffent­lichen Wir­kung ha­ben, da wa­ren sich die Wissen­schaf­tler nicht in jeder Hin­sicht einig. Armuts­dyna­mik nur an Zah­len fest­zu­machen, wäre Stefan Selke von der Hoch­schule Furt­wangen zu wenig. „Man braucht auch dieses Ein­tau­chen in die Ge­schich­ten der Men­schen, die er­zähler­ische Wahr­heit neben der em­pirischen und auf der an­deren Seite das Wissen um die eigene Wunde.“ Was wäre, wenn mir das passiert, wenn ich an dieser Stelle wäre. Peter Berger von der Uni­versi­tät Rostock steht der Aus­stell­ung mit den Fotos skeptisch gegenüber. „Mein Problem ist, dass diese Fotos schnell dazu neigen, Klischees zu pro­du­zieren.“ Wenn etwa auf einem Bild, hinter der Familie, eine riesige Stereo­an­lage zu er­kennen ist. Eine öffent­liche De­batte braucht natürlich die Medien. Stefan Horn vom NDR stellte klar, dass man auf „Er­eig­nisse“ an­ge­wiesen ist. Dann gebe es Ge­schich­ten, die hin­ter der Nach­richt stehen, wie etwa

bei den Bei­trägen über die Tafeln oder die Schuldner­be­ratungen. „Die Gren­zen in der Bericht­er­stattung lie­gen da, wo die Würde der Be­troffen­en ver­letzt wird.“ Das wäre für viele Journa­listen ein Lern­pro­zess ge­we­sen, so Horn weiter. Frü­her gab es z.B. Arbeits­losen­hilfe und Sozial­hilfe, heute re­den wir von „Leistungs­be­ziehern“. „Bei dieser Vokabel werde ich sofort miss­trau­isch. Sie ist mei­ner An­sicht nach eine Gemein­heit.“

Einig waren sich die Dis­ku­tan­ten darin, dass viele Men­schen nicht allein durch einen 300-seitigen Bericht „existen­tiell er­schüttert sind“. Die Chan­cen für das Thema Armut in der öffent­lichen Wahr­neh­mung hätten sich durch die Inter­views und die Foto­aus­stellung deut­lich erhöht.

Als ärmstes
Flächenland
Deutschlands
werden die Ursachen,
Umstände und Folgen
der Armut nicht
regelmäßig analysiert.

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