werden“, so der AWO Landesvorsitzende Rudolf Borchert. Das Thema Armut könne durch eine Fotoausstellung ins Bewusstsein getragen werden, Wirkung zeigen und politisches Handeln hervorrufen.
Welchen Stellenwert die subjektiven Erfahrungen in der öffentlichen Wirkung haben, da waren sich die Wissenschaftler nicht in jeder Hinsicht einig. Armutsdynamik nur an Zahlen festzumachen, wäre Stefan Selke von der Hochschule Furtwangen zu wenig. „Man braucht auch dieses Eintauchen in die Geschichten der Menschen, die erzählerische Wahrheit neben der empirischen und auf der anderen Seite das Wissen um die eigene Wunde.“ Was wäre, wenn mir das passiert, wenn ich an dieser Stelle wäre. Peter Berger von der Universität Rostock steht der Ausstellung mit den Fotos skeptisch gegenüber. „Mein Problem ist, dass diese Fotos schnell dazu neigen, Klischees zu produzieren.“ Wenn etwa auf einem Bild, hinter der Familie, eine riesige Stereoanlage zu erkennen ist. Eine öffentliche Debatte braucht natürlich die Medien. Stefan Horn vom NDR stellte klar, dass man auf „Ereignisse“ angewiesen ist. Dann gebe es Geschichten, die hinter der Nachricht stehen, wie etwa
bei den Beiträgen über die Tafeln oder die Schuldnerberatungen. „Die Grenzen in der Berichterstattung liegen da, wo die Würde der Betroffenen verletzt wird.“ Das wäre für viele Journalisten ein Lernprozess gewesen, so Horn weiter. Früher gab es z.B. Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, heute reden wir von „Leistungsbeziehern“. „Bei dieser Vokabel werde ich sofort misstrauisch. Sie ist meiner Ansicht nach eine Gemeinheit.“
Einig waren sich die Diskutanten darin, dass viele Menschen nicht allein durch einen 300-seitigen Bericht „existentiell erschüttert sind“. Die Chancen für das Thema Armut in der öffentlichen Wahrnehmung hätten sich durch die Interviews und die Fotoausstellung deutlich erhöht.
Als ärmstes
Flächenland
Deutschlands
werden die Ursachen,
Umstände und Folgen
der Armut nicht
regelmäßig analysiert.