Als sich nach der politischen Wende Anfang 1990 die ersten Verbände der AWO in Mecklenburg-Vorpommern neu gründeten, waren die Rahmenbedingungen denkbar schlecht. Oftmals wurde die Arbeit in provisorisch eingerichteten Zimmern aufgenommen, nur mit einer alten Schreibmaschine, teilweise noch ohne Telefon oder Fax. „Ich habe in Schwerin mit einem geborgten Stuhl angefangen“, erinnert sich zum Beispiel Axel Mielke.
Vom schwierigen Neuanfang
Das erste Mitgliedsbuch der AWO in den neuen Bundesländern
„Was steckt an Gründungsarbeit dahinter, wie aktiviere ich Leute die mitmachen und wie komme ich an Einrichtungen heran? Die Kommunen wollten ihre Einrichtungen verkaufen und das kam uns natürlich entgegen.“
Peter Schmidt
Mit Hilfe von AWO-Mitgliedern aus den alten Bundesländern konnte langsam eine funktionierende Basis für die soziale Arbeit aufgebaut werden. Das war auch dringend notwendig, denn nach dem Zusammenbruch der staatlichen Organisationsstrukturen waren viele Einrichtungen, wie Kindertagesstätten, Beratungsstellen oder Seniorenheime auf der Suche nach neuen sozialen Trägern. „Die AWO Helfer aus Bielefeld haben mir erläutert, was die AWO, was solch ein Wohlfahrtsverband in der neuen Demokratie für eine Aufgabe hat, was sie zu tun hat“, erinnert sich Eckhardt Vanselow aus Neubrandenburg. „Das waren erst mal alles böhmische Dörfer für uns. Ich konnte mir auch nicht vorstellen, dass so ein Wohlfahrtsverband Kindergärten übernehmen sollte, die doch bisher städtisch waren. Wir hatten dann auch noch materielle Ausrüstung aus Bielefeld bekommen. Unter anderem ein Gerät, welches sich „FAX“ nannte! Das war etwas ganz Geheimnisvolles.“
Im Unterschied zu den anderen Wohlfahrtsverbänden, wie die Caritas und die Diakonie, wie das DRK und die Volkssolidarität hatte die AWO zunächst überhaupt keine Strukturen. „Wir mussten uns neu gründen und lernen, was es bedeutet, einen gemeinnützigen Verein zu gründen und zu führen“, betont Peter Schmidt aus Güstrow.
Neben der wirtschaftlichen Bedeutung hatte die AWO aber auch eine wichtige ideelle Rolle. Während des gesellschaft-
lichen Umbruchs waren viele Menschen auf der Suche nach Werten, an denen sie sich orientieren konnten. Diese fanden sie in den AWO-Leitlinien wie Solidarität, Toleranz, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit. Die AWO war vom Neubeginn an mehr als „nur was für alte Menschen“. Es war ein echter Neuanfang nach 57 Jahren der Abstinenz der AWO hier im Land.
„Humanitäres Handeln aus Politischer Verantwortung!“ – Unter diesem historischen Motto der Arbeiterwohlfahrt gründete sich am 3. März 1990 in Neubrandenburg die erste Gliederung der AWO in Mecklenburg-Vorpommern.
„Wir haben damals nicht nur bürokratische Hürden genommen“, erinnert sich Eckhardt Vanselow. „Wir haben uns sofort um die inhaltliche Arbeit gekümmert.“ Dazu gehörten Erholungsfahrten für Kinder und zahlreiche Veranstaltungen, wie Diskussionsrunden zu Themen wie “Jugend, Familie, Frauen“ oder „Hilfen für ältere Menschen“. So nahm eine kleine Gruppe von Ehrenamtlichen vor 25 Jahren mit einer Vision die Arbeit auf.
Plakataktion 1990