Gastbeitrag:

Der neue AWO-Governance-Kodex weist in eine neue Zeit

 

Zweifellos, der Titel ist nicht gerade eingängig: „Verbindliche Richtlinien der AWO in Deutschland für eine verantwortungsvolle Verbands- und Unternehmensführung und –kontrolle“, kurz AWO-Governance-Kodex. Doch wer genauer hinsieht, dem zeigt sich, dass er die Grundlage für die AWO ist, um ihre wertegebundene Arbeit auch im neuen Jahrhundert zu sichern, die Glaubwürdigkeit auf festen Boden zu stellen und damit die Besonderheiten unseres Verbandes auch im Wettbewerb herauszuarbeiten. Doch beginnen wir mit dem Anfang.

 

Wolfgang Stadler ist seit 2010 Vorsitzender des Vorstandes des AWO Bundesverbandes e.V.Wolfgang Stadler ist seit 2010 Vorsitzender des Vorstandes des AWO Bundesverbandes e.V. Er begann als Zivildienstleistender bei der AWO im Jahr 1978. Von 1993-2009 war er Geschäftsführer des AWO Bezirksverband Ostwestfalen-Lippe e.V.

Die Nachrichten, die den Stein zur Erarbeitung eines neuen AWO Regelwerkes ins Rollen gebracht haben, waren keinesfalls erfreulich. Sie zeigten, dass der Unternehmenskodex aus dem Jahr 2008 für mögliche Interessenskonflikte von ehrenamtlichen Aufsichtsorganmitgliedern sowie hauptamtlichen Geschäftsführer*innen zu großzügige Ausnahmeregelungen vorsah. Im Kern galt es, die Regelungslücken zügig zu schließen.

Nach einem intensiven Diskussionsprozess wurde auf dem Bundesausschuss im November 2017 der neue AWO-Governance-Kodex beschlossen. Er ergänzt das verbandliche Regelwerk und stellt insbesondere sicher, dass Aufsicht und Führung klar getrennt werden. Aufsichtsorgane und Geschäftsführungen sollen Entscheidungen ausschließlich im Interesse und zum Wohle der AWO fällen. Außerdem machen die neuen Richtlinien Vorgaben zur Bestellung, Anstellung und Vergütung von Geschäftsführungen. Gerade das Thema Bezahlung von Geschäftsführungen ist eins, das bei überzogenen Gehältern in der Öffentlichkeit zu Empörung führt. Der Unternehmens- Kodex aus dem Jahr 2008 stellte gemäß der Abgabenordnung auf die Angemessenheit ab. In der konkreten Ausgestaltung gab es unterschiedliche Entwicklungen in der Arbeiterwohlfahrt. Zwar verstehen wir uns auch als Unternehmen, doch sind wir in erster Linie Dienstleister für die Menschen. Ein Dienstleister, der in Zusammenarbeit mit ehrenamtlichem Engagement einen Beitrag zum Gemeinwohl leistet. Nebenbei bemerkt genießen wir ja gerade weil wir uns von privaten Unternehmen unterscheiden, wichtige Privilegien: Wir müssen in der Regel keine Steuern bezahlen und bekommen Zuschüsse für einen Teil unserer Arbeit. Das bedeutet aber auch, dass wir für uns andere Maßstäbe anlegen müssen als in der Privatwirtschaft. Bereits bei der Erarbeitung des neuen Kodex wurde deutlich, dass der Erfolg darin liegt, dass nun innerverbandlich eine Diskussion über Transparenz erfolgt ist. Nun gilt es auf allen Ebenen zu überprüfen, ob man sich im Rahmen des neuen Regelwerkes bewegt oder nicht. Der Kerngedanke ist, dass die Gliederungen sich selbst überprüfen und die Gremien anhand unserer Vorgaben jetzt feststellen können, ob es Abweichungen gibt oder nicht. Der einstimmige Beschluss des Bundesausschusses bietet hier eine gute Argumentationsgrundlage. Klar ist aber auch, wenn grobe Abweichungen zu den verbindlichen Richtlinien festgestellt werden, müssen diese so schnell wie möglich beendet werden. Falls dies nicht geschieht, können Sanktionsmechanismen eingeleitet werden, dazu gehört dann zum Beispiel, dass Fördermittel nicht weitergeleitet werden.

In der Zusammenschau ist der neue AWO-Governance-Kodex vor allem eine echte Chance, mit der wir als Verband auch eine Signalwirkung in der Sozialwirtschaft erzielen können.

In der Zusammenschau ist der neue AWO-Governance-Kodex vor allem eine echte Chance, mit der wir als Verband auch eine Signalwirkung in der Sozialwirtschaft erzielen können. Denn er geht weit über das hinaus, was bisher üblich ist in der Freien Wohlfahrtspflege. Die Kostenträger und die Stiftungen haben unseren Prozess sehr interessiert verfolgt und wissen nun, dass wir ein Werk geschaffen haben, was uns unsere Rolle als wertegebundenen Partner weiterhin ermöglicht. Darauf können wir stolz sein.

Wolfgang Stadler