Ohne Ehrenamt – kein demokratischer Rechtsstaat

Bodo Wiegand-Hoffmeister ist Rektor der Hochschule in Wismar und Vorstandsvorsitzender des AWO Regionalverbandes Bad Doberan. Neben dem Beruf engagiert er sich ehrenamtlich und das aus Verantwortung, sagt er gegenüber der AWO … Info:

Prof. Dr. jur. Bodo Wiegand-Hoffmeister Rektor der Hochschule Wismar und Vorstandsvorsitzender AWORegionalverband Bad DoberanProf. Dr. jur. Bodo Wiegand-Hoffmeister Rektor der Hochschule Wismar und Vorstandsvorsitzender AWO Regionalverband Bad Doberan

Ich bin ja von Haus aus Jurist, zuständig für Staats- und Verwaltungsrecht und insofern beschäftigt man sich auch mit der Frage, die zur Staatsphilosophie gehört. Was hält einen demokratischen Rechtsstaat eigentlich zusammen? Die Antwort kann nur sein, dass es die Gesellschaft ist, die einen demokratischen Staat ausmacht und zu einer demokratischen Gesellschaft gehört dann auch das Engagement der Bürgerinnen und Bürger. Eine Gesellschaft lebt von Ehrenamtlichen. Das heißt: Man muss sich auch über seinen privaten Bereich einsetzen, damit unser demokratischer Rechtsstaat so funktioniert, wie er funktionieren soll.

Mit Zivilgesellschaft meint man im ursprünglichen Sinne eine Gemeinschaft, die sich für ihre Demokratie verantwortlich fühlt. Manchmal hat man bei Politikern das Gefühl, dass sie, wenn sie von Zivilgesellschaft reden, sich auf das Ehrenamt verlassen, wenn der Staat nicht mehr will oder sich nicht in der Lage sieht, seine Aufgaben wahrzunehmen. Stiehlt er sich da aus seiner Verantwortung?

Das ist in der Tat etwas, was wir in der Vergangenheit beobachten konnten. In gewisser Weise ist es schon durchaus normal, dass es je nach politischer Sichtweise Verschiebungen hinsichtlich der Bereiche, die durch den Staat wahrgenommen werden müssen und dem Bereich, der dem Ehrenamt zugeordnet ist, gibt. Was mir tatsächlich gewisse Sorgen bereitet ist, dass der Staat in der Vergangenheit vielfach auch aus fiskalischen Erwägungen gesagt hat, das sind Aufgaben, die überlassen wir jetzt dem Ehrenamt. Es muss da eine vernünftige Arbeitsteilung zwischen Staat und Gesellschaft erfolgen. Der Staat trifft entsprechende Regeln, die durchaus zum ehrenamtlichen Engagement ermuntern sollen, wobei aber klar definiert sein sollte, wie weit das Ehrenamt reichen kann.

Der Staat ist aber auch auf das Ehrenamt angewiesen, gerade im sozialen Bereich …

Da hat das Ehrenamt vielleicht die längste Tradition. Denken wir aber auch an den politischen Bereich, an die Menschen, die sich ehrenamtlich in den Gemeindevertretungen oder in politischen Parteien engagieren. Ohne die könnte sich unser Staat gar nicht konstituieren.

Ohne das Ehrenamt könnte sich unser Staat gar nicht konstituieren.

Die AWO-MV hat 6000 Mitglieder und über 1000 engagieren sich regelmäßig in der Altenpflege, in Stadtteilzentren, in der Flüchtlingshilfe oder in den ehrenamtlichen Vorständen der AWO Gliederungen. Alle investieren viel Zeit und Herzblut. Vorstandsarbeit ist ja oft ein Haufen Papierkram. Wie sieht es da bei Ihnen aus? Wie bekommen Sie das hin?

Ja, das geht schon! Das macht mir viel Freude. Ich bin auch sehr dankbar, dass ich dieses verantwortungsvolle Amt ausüben darf und ich bin ja nicht alleine. Wir haben einen hervorragenden Vorstand und auf der hauptamtlichen Seite zwei sehr gute Geschäftsführer. Wichtig ist: Die Zusammenarbeit im Team muss Freude bereiten und letztendlich stellt man auch fest, dass man etwas tut, was im höchsten Maße sinnstiftend ist! Wenn Vorstandarbeit manchmal auch etwas abstrakt ist, aber sie kommt bei den Menschen vor Ort an. Insofern überwiegt die Freude, dieses Amt wahrnehmen zu dürfen.