Eltern-Kind-Klinik „Haus am Meer“ in Zingst
Foto: „Haus am Meer”

Corona treibt die Kosten

Die Eltern-Kind-Klinik „Haus am Meer“ in Zingst.

Jette Jax, die Leiterin der Eltern-Kind- Klinik „Haus am Meer“Jette Jax, die Leiterin der Eltern-Kind-Klinik „Haus am Meer“

es gibt die unterschiedlichsten Gründe, weshalb sich die Menschen für eine Kur entscheiden: chronische erkrankungen, schicksalsschläge, Kinder mit Behinderungen usw. Die Corona-pandemie hat das alles noch verstärkt. Homeoffice und Homeschooling – bei mehreren Kindern zu Hause – da haben viele eltern keine Kraft mehr. Im „Haus am Meer“ in Zingst liegt der Kurschwerpunkt in der psychosomatik, bei rückenbeschwerden, Hautund Atemwegserkrankungen. Auch diese Beschwerden werden in solch krisenhaften Zeiten mehr und mit den erhöhten Anforderungen steigen auch die Kosten. Die eltern-Kind-Klinik „Haus am Meer“ in Zingst wird getragen von der AWO Bezirk Westliches Westfalen. *

„Wir wollen unsere Patienten bestmöglich versorgen und da sind die Tagessätze nicht mehr gerechtfertigt.“

Wagen voller fröhlicher Kinder, entspannte Eltern die ihre Kleinen nach einem kleinen Ausflug wieder in Empfang nehmen. Das „Haus am Meer“ gibt es seit 1995, vorher war es ein Betriebsferienlager. Die 26 Jahre Nutzung als Klinik sieht man dem Gebäude an der einen oder anderen Stelle schon an. Der Jugendherbergsstil der 90er Jahre herrscht hier immer noch, meint schmunzelnd Jette Jax, die Leiterin der Klinik. „Das muss nicht immer unbedingt etwas Schlechtes sein. Ich sage den Patienten immer: Wir sind ein super Wein im Pappkarton.“ Es kommt halt immer auf den Inhalt an.

Eltern-Kind-Klinik in Zingst

Die Corona-Pandemie traf und trifft die Eltern-Kind-Kliniken vor allem finanziell hart. Im vergangenen Jahr hatte das Haus für drei Kuren geschlossen. Dann Mitte Juni lag die Auslastung bei ca. 60% und erst im August wieder bei 100%. Das hätten wir nicht lange durchgehalten, meint Jette Jax. Denn die Kosten sind gestiegen, sagt sie. Da gehe es nicht nur um die Hygienemaßnahmen, die Testungen und Masken für das Personal und die Patienten. Weil die Abstände eingehalten werden müssen, könne man vieles nur in kleineren Gruppen anbieten. Ob Physiotherapie, Beckenbodengymnastik oder Pilates: „Wenn wir das sonst in unseren Räumen mit 12 Personen machen können, dann ist es jetzt für nur sechs manchmal auch nur für vier Personen möglich. Das erhöht natürlich den Personaleinsatz.“ Dann kommen durch die Hygieneauflagen noch ganz praktische Dinge dazu. Mit den FFP 2 Masken müssen die Mitarbeiter*innen es in Zingst ein viel höheres Angebot als noch vor 10/15 Jahren. „Das hat einfach damit zu tun, dass die Menschen viel kränker zu uns kommen und damit auch höhere berechtigte Ansprüche haben. Da können wir nicht sagen, wir machen hier nur eine halbe Kur oder so.“ Jette Jax‘s Fazit: „Wir wollen unsere Patienten bestmöglich versorgen und da sind die Tagessätze nicht mehr gerechtfertigt.“

Das Müttergenesungswerk und die LIGA der freien Wohlfahrtsverbände drängen die Politik, dass solche Einrichtungen finanziell so ausgestattet werden, dass sie überleben können. „Man sieht es bei uns ganz schön, was wir für einen Investitionsstau an den Gebäuden haben. Der Fußboden ist seit 27 Jahren drin. Bei so vielen Kindern, bei so viel Sand sieht er eben entsprechend aus und es fällt uns sehr schwer, das refinanziert zu bekommen.“

Im Mutter-Vater-Kind-Klinik Bereich gibt es auch immer wieder Durststrecken, gerade im Winter. Die Klinik in Zingst hat sich auch auf Menschen spezialisiert, die einen Verlust zu verarbeiten haben, sodass das Haus stark nachgefragt ist, sagt die Klinikleiterin. „Wir haben hier den Vorteil, dass wir wirklich nur ein paar Meter bis zum Strand haben. Die Lage ist schon exquisit, davon Leben wir auch. Da haben es andere Einrichtungen wesentlich schwerer als wir.“

* Wir haben das „Haus am Meer“ in Zingst Ende Mai besucht.