Licht und Schatten
Koalitionsvereinbarung zur Sozialpolitik
Rudolf Borchert
Landesvorsitzender
AWO MV
Mit großer Sorge
nehmen wir zur
Kenntnis, dass die neue
Landesregierung in ihrer
Koalitionsvereinbarung
keine Aussagen zur
Armut im Land trifft.
Anfang November hat die neue Landesregierung ihre Arbeit begonnen. In den nächsten fünf Jahren wird sie dabei auch große sozialpolitische Herausforderungen zu bewältigen haben. Die AWO hat in ihren Wahlprüfsteinen Vorschläge und Forderungen an die zukünftige Landessozialpolitik gestellt und den Parteien zur Stellungnahme zugesandt.
Zentrale Forderungen dabei waren:
- Entlastung der Eltern bei den Kitabeiträgen und weitere schrittweise Qualitätsverbesserung in den Kitas.
- Anstrengungen, um die Integration von Migrantinnen und Migranten zu verbessern.
- Die Armutsbekämpfung auf der Grundlage einer regelmäßigen Sozialberichterstattung vorantreiben.
- Ein Wohlfahrtsgesetz für eine Zusammenarbeit mit dem Land auf Augenhöhe.
Was findet sich davon in der Koalitionsvereinbarung 2016-2021 von SPD und CDU wieder? Zu begrüßen ist die konkrete Festlegung mit einem 30 Millionen-Euro-Paket, Eltern bei den Kitabeiträgen zu entlasten und die beitragsfreie Kindertagesförderung als langfristiges Ziel festzuschreiben.
Die Anstrengungen zur besseren Integration von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten zu verstärken und das auch durch die Berufung der Landesintegrationsbeauftragten Dagmar Kaselitz zu unterstützen, sind ebenfalls positiv zu bewerten.
Sehr kritisch sehe ich, dass in den nächsten fünf Jahren aus finanziellen Gründen die dringend notwendige weitere Verbesserung der Qualität in den Kitas durch kleinere Gruppen und einen bedarfsgerechten Personalschlüssel nicht vereinbart sind. Dies geht eindeutig zu Lasten der Kinder, der Erzieherinnen und Erzieher.
Mit großer Sorge nehmen wir zur Kenntnis, dass die neue Landesregierung in ihrer Koalitionsvereinbarung keine Aussagen zur Armut im Land trifft.
Trotz starken Rückgangs der Arbeitslosigkeit sind in MV immer noch besonders viele Menschen von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Es sind in unserem Land über 300.000 Menschen von denen über 40.000 von Tafeln versorgt werden, davon viele Kinder. Wachsende Armut und die damit verbundene soziale Spaltung gefährden den sozialen Frieden und den Zusammenhalt der Demokratie in Mecklenburg-Vorpommern.
Deshalb wird die AWO immer wieder fordern, dass Armutsbekämpfung eine zentrale Herausforderung nicht nur für Bundes-, sondern auch für die Landespolitik sein muss. Die Festlegung, dass sich die Koalition dafür einsetzt, dass in Regionen des Landes eine lebensnahe und fachbezogene Beratung angeboten wird, kann dazu ein wichtiger Baustein sein.
Positiv bewerte ich, dass SPD und CDU erklären, dass die Verbände der freien Wohlfahrtspflege für sie unverzichtbare Partner sind und sie deshalb für eine transparente und verlässliche Finanzierung der Leistungen der Wohlfahrtspflege sorgen werden.
Ich verbinde damit die Erwartung, dass zügig mit der Erarbeitung eines Wohlfahrtsgesetzes begonnen wird. Die AWO wird auch in Zukunft als soziales Kompetenzzentrum und als soziales Gewissen der neuen Landesregierung ein kritischer, konstruktiver und verlässlicher Partner zum Wohle der Menschen im Land sein.
Rudolf Borchert